Perspektiven für die Ostalbkliniken
Zunächst wird betont, dass die Informationsversorgung durch die Kreis- und Krankenhausverwaltung umfassend und schnell erfolgte. Dies galt sowohl für neugewählte Kreisräte, denen Unterlagen und Zahlen zur Verfügung gestellt, Infoveranstaltungen an allen drei Klinikstandorten angeboten und in einer Sondierungskonferenz Gelegenheit zu Fragen und Aussprachen gegeben wurde. Ferner wurde auch der von der FDP-Arbeitsgruppe erarbeitete und von Kreisrat Matthias Seydelmann übermittelte Fragenkatalog umgehend beantwortet. Es kann der Kreis- und Krankenhausverwaltung also eine seit der ersten Klausurtagung am 15.06.24 ordentliche Kommunikationsarbeit bescheinigt werden. Trotzdem bleibt die bereits in der ersten Pressemitteilung geäußerte Kritik bestehen, dass der Handlungsbedarf seitens der Verantwortlichen schon viel früher hätte thematisiert werden müssen und so wertvolle Zeit zur Meinungsbildung und Umsetzung erforderlicher Maßnahmen ungenutzt verstrichen ist.
Durch die nun gesammelten Informationen sieht die FDP-Arbeitsgruppe ihre erste Einschätzung bestätigt, dass Handlungszwang absolut gegeben ist, wenn der Ostalbkreis nicht in eine schwere finanzielle Schieflage geraten will und in der Folge das Regierungspräsidium Stuttgart den Kreishaushalt nicht mehr genehmigt. Die nun geplanten Maßnahmen bedeuten auf den ersten Blick für viele Menschen im Ostalbkreis Einschränkungen, kommen aber eigentlich schon zu spät und gehen finanziell nicht weit genug.
Die Defizite der Krankenhäuser sind deutschlandweit rasant gestiegen, was zu einer noch stärkeren Konzentration der Kliniken führen dürfte. Die Antworten des Klinikchefs Rieß auf den Fragenkatalog der FDP-Arbeitsgruppe bestätigen die Vermutungen, dass die Defizite insbesondere von überzogenen Dokumentations- und Qualitätspflichten, einem hohen Kontrollaufwand des medizinischen Dienstes der Krankenkassen, neuen arbeitszeitgesetzlichen Vorgaben, Tariferhöhungen und einem deutschlandweit festzustellenden Rückgang der Fallzahlen anzulasten ist. Es arbeiten aktuell so viele Angestellte bei den Ostalbkliniken wie nie zuvor, obwohl es seit einigen Jahren kontinuierlich weniger Patienten gibt.
Vor diesem Hintergrund ist die Planung des neuen Zentralversorgers am Standort Essingen bis 2035 ein vermutlich zu ambitioniertes Ziel.
Für die FDP-Arbeitsgruppe sind eine sichere und dabei effiziente Notfallversorgung, die Geburtshilfe und die Kinderklinik die wichtigsten Elemente einer ortsnahen medizinischen Versorgung. Darüber hinaus fehlt ein Konzept und damit die Planungssicherheit für eine im Zusammenhang mit allen Bereichen des Gesundheitswesens funktionierende stationäre Versorgung, die nicht an Interessen von Raumschaften oder Kreis- und Ländergrenzen scheitert. Diese Planungen müssen überregional und finanzierbar sein und so dauerhaft den Patientinnen und Patienten helfen. Das Angebot an stationärer Versorgung im Ostalbkreis muss in Abstimmung mit angrenzenden Landkreisen und in Ergänzung zu deren Spezialisierungen definiert werden. Dies gilt aktuell insbesondere für die Urologie. Es wird befürchtet, dass ein temporärer Umzug von Ellwangen nach Mutlangen mangels Personals, Expertise und Nachfrage im Raum Schwäbisch Gmünd, wo es zahlreiche etablierte Alternativen gibt, scheitern wird und weitere Verluste entstehen. Die FDP-Arbeitsgruppe fordert, dass geprüft wird, ob diese nicht doch nach Aalen ziehen könnte oder ob private Investoren für den Standort Ellwangen gefunden werden können, vergleichbar etwa der von der AOG GmbH in Schwäbisch Gmünd oder der SRH Fachkrankenhaus Neresheim GmbH angebotenen Leistungen. Beides sind Beispiele wie schon jetzt private Betreiber das Versorgungsangebot im Ostalbkreis nachhaltig und zuverlässig bereichern.
Insgesamt sieht die FDP-Arbeitsgruppe das Land Baden-Württemberg in der Pflicht hier ordnend einzugreifen. Das Land ist für die Landeskrankenhausplanung und die Investitionskosten der Kliniken verantwortlich. Daher wurde diesbezüglich Kontakt zum gesundheitspolitischen Sprecher der FDP/DVP-Landtagsfraktion, Jochen Haußmann MdL, aufgenommen. Er wird nun eine eine Anfrage zur Bewertung der Situation durch die Landesregierung im Ostalbkreis stellen.
Dieser Tage wird im Landtag außerdem das Gesetz zur Änderung des Landeskrankenhausgesetzes Baden-Württemberg verabschiedet. Bei der Krankenhausplanung soll die Ausrichtung hin zu einer stärkeren Ambulantisierung, Digitalisierung, sektorübergreifenden und telemedizinischen Versorgung berücksichtigt werden. Aus Sicht der Patientinnen und Patienten wird diese Entwicklung keine Verschlechterung darstellen. Schon jetzt suchen sie bei komplexen und einigermaßen planbaren Eingriffen nicht nach dem am nächsten gelegenen Versorgungsangebot, sondern nach dem besten. Informationen hierzu sind heutzutage viel besser und für jedermann verfügbar und die Bereitschaft für eine gute Versorgung eine längere Entfernung zum Wohnort in Kauf zu nehmen, ist weitestgehend vorhanden.